Orlando Paladino

Premiere am 14. Februar 2009
Dirigent: Carlos Spierer
Ausstattung: Caroline Neven Du Mont



Opernwelt, April 2009

Alcinas Wellness-Wunder
...Regisseurin Julia Riegel nimmt sich des Stückes mit der Bereitschaft an, den komischen Unterton des 1782 uraufgeführten "Dramma eroico-comico" nach oben zu kehren...
Die Zauberinsel als Wellness-Reich: Alcina ist eine Frau, die den gestörten Figuren mit den Segnungsversprechen unserer Zeit zu Leibe rückt. Geliebt und gelitten wird auf dem Kosmetikstuhl, man beruhigt sich mit Yoga-Übungen, - die weit ausholenden Akt-Finali werden zu interaktiven Gruppensitzungen. All das wird garniert mit märchenhaft-mythischen Kostümen und Fitnessmode, dazu Projektionen aus Ritter-Computerspielen: Das klingt albern und ist es auch - aber es trägt. Denn an den Ruhepunkten der Partitur macht sich dann doch ausreichend jene Tiefe des Ausdrucks breit, die Haydn seinen Figuren mitgegeben hat. Man kann nur staunen über die zahlreichen Anklänge an die kurze Zeit später entstandenen Mozart-Opern. Die Gießener Produktion legt hier gleichsam die Lupe an, überführt etwa ein Duett in die ersten Takte des "La ci darem" aus "Don Giovanni".
Claus Ambrosius



FAZ, 19.2.2009

Gießen: "Orlando Paladino" - Rasender Haydn
...Jetzt hat sich auch das Stadttheater Gießen, animiert durch das Haydn-Gedenkjahr, des rasenden Paladins angenommen. Das Ergebnis ist eine bildhübsche, hörenswerte, witzig und intelligent inszenierte Aufführung, die einmal mehr demonstriert, wie niveauvoll Oper heutzutage auch an manch kleinerem Stadttheater präsentiert wird. Haydns Semiseria, eine bunte Mischung aus Ritterepos, Prospekt -und Maschinentheater samt Zutaten aus der Commedia dell´Arte, changiert auch in der wunderbaren Musik zwischen ernsten und ironisch-parodistischen Passagen, je nachdem in welcher seelischen Verfassung sich die wilden Helden, glücklich oder verzweifelt Liebenden oder die Menschen-Komiker gerade befinden. Alle Typen könnten auch heute existieren, und so siedelt Regisseurin Julia Riegel Handlung und Figuren in unserer heutigen Therapeuten- und Fantasy-Welt an. Das funktioniert überraschend plausibel. Sänger und Musiker sind mit spürbarem Enthusiasmus am Werk. Es wird ausgezeichnet gesungen, das Orchester unter Carlos Spierer agiert inspiriert und selbstbewusst.
hd.



Gießener Allgemeine, 17.2.2009

Mit Humor, Ironie und musikalischen Glanz
...Die drei Stunden voller Turbulenzen und Rätsel zu einer bühnenwirksamen, in jedem Sinn kurzweilig bewegten Präsentation gebracht zu haben, gereicht neben den engagiert Mitwirkenden vor allem dem Regieteam und der differenzierten musikalischen Umsetzung zur Ehre.
Regisseurin Julia Riegel hat u.a. bei George Tabori und Thomas Langhoff gelernt und mit Regiegrößen wie Loriot in München zusammengearbeitet. Mit viel Gespür für Hintersinn wie auch pralle Details geht sie den Stoff mit dosierter Ironie an, mit Verständnis für die Entstehungszeit ebenso wie für das ansprechende Umsetzen ins Heute. Beispiele aus vielen guten Einfällen: Beim Zweikampf im Schattenspiel schwingen Orlando und Rodomonte silberne Fahnen statt Schwerter: vorn an der Rampe zwei Solo-Trommler: ein toller akustischer Effekt zur optisch fast poetischen Szene. Oder die Einbeziehung das Orchesters, wenn Pasquale dem Mann am Pult (Carlos Spierer) konkrete Konkurrenz macht. Auch sonst gab es viel Szenenapplaus. Dazu trug die perfekte Lichtkunst von Christopher Moos bei. Und Caroline Neven Du Monts zugunsten der Lichtregie sparsames, aber gelungendes Bühnenbild sowie ihre Kostüme mit sinnvollen Anspielungen.
...Eine fantasievolle Produktion mit hohen musikalischen Qualitäten, das bestätigte der lautstarke mit Zurufen bereicherte Beifall am Schluss. Das gelungene optische Erlebnis würde eine Fernsehaufzeichnung lohnen.
Olga Lappo-Danilewski

 
Orlando Paladino