Schumann-Szenen

2001 - Staatstheater am Gärtnerplatz im Metropol
Regie + Idee und Konzeption
Bühne: Yvonne Henze-Hentzschel, Kostüm: Bärbel Krause



SZ, 13.12.2001
"Freudiger Schmerz"

Ach, hätte er sich doch einmal im Stande sehen können, eine Zeile wie "Du meine Wonne, du meine Lust!" auszusprechen. Dann hätte er vor dem Hinunterschwanken in den Abgrund tiefster Liebesverzweiflung wenigstens für kurze Zeit gewusst, weshalb man auch so eine Trübsal in Kauf nehmen kann, nehmen muss. Doch der singende Dichter der "Dichterliebe" weint halt immer gleich, wenn ihm flüchtiges Glück widerfährt; das ist sehr romantisch, und Heine will es so und Schumann erst recht.
Dementsprechend ist auch der "Schumann-Szenen"-Abend im Metropoltheater ein tieftrauriger. Vor allem aber ein wunderschöner. Denn das Gärtnerplatz-Theater beließ es keineswegs dabei, Volker Bengl allein in den Münchner Norden zu schicken. Dessen lyrischer Schmelz, dessen bewusst naiv-jungenhafte Attitüde hätte zwar schon für eine reizend-melancholische "Dichterliebe" ausgereicht. Aber erst durch Elaine Ortiz-Arandes erhält die Darbietung das sinnliche Subjekt der unsinnlichen Begierde und vor allem den optimistischen Gegenpart, der Schumans Heine-Sicht vollends düster erglimmen lässt.
Denn Regisseurin Julia Riegel schiebt den männlichen und den weiblichen Liebesliederzyklus ineinander. "Dichterliebe" und "Frauenliebe und Leben" werden so zu einer behutsam in Szene gesetzten Erzählung, zu einem narrativen (Glücks-) Seufzer, ausgestoßen auf dem groben, von welken Laub bedeckten Parkett (...) des Metropol. Dabei inszeniert Riegel die Musik in erster Linie auf den Gesichtern von Bengl und Ortiz-Arandes. Deren verblüffend zarte Mädchenblüte ist als Spiegel der "Dichterliebe" zunächst verzweifelt mimische Reaktion. Ist aber auch lyrische Wortausgestaltung in unerhoffter Vollendung. Als dunklere Färbung in Ergänzung der Schumannschen Chamisso-Lieder singt Ortiz-Arandes auch jene vier Stücke aus der Ur-"Dichterliebe", die vor der Drucklegung entfernt wurden. Dabei nimmt sie in Anke Schwabes sensibler, sehr aufmerksamer Klavierbegleitung ein wenig von Bengls Schmerz auf. Das ist ausgleichende Gerechtigkeit an einem wunderbaren Abend.
Egbert Tholl

 
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